Reiseberichte

Reise durchs Royaland

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Adios Arabica? Die Auswirkungen des Klimawandels in El Salvador

von Jan Braunholz

Seit über 20 Jahren werden nun die Auswirkungen und Folgen des Klimawandels infolge der

Erderwärmung diskutiert. Ein sogenanntes 2 Grad-Ziel wurde formuliert und gerade auch wieder bei der G 7 Gipfel-Show erneut festgehalten. Doch lässt sich das überhaupt noch einhalten?

Die konkreten Auswirkungen auf El Salvador sind jetzt schon stark sichtbar. Einer Untersuchung des Umweltministeriums MARN zufolge hat in den letzten 6 Dekaden die Durchschnittstemperatur um 1,3º Celsius zugenommen und für die nächsten 6 Dekaden wird eine Zunahme von 2º bis 3º Celsius prognostiziert, falls die Bemühungen greifen, den Temperaturanstieg einzudämmen. In den letzten 6 Dekaden gab es einen Anstieg des Meeresspiegels um 8 cm, mit schon jetzt erkennbaren starken Erosionsfolgen an den Küsten El Salvadors.

Bei den Niederschlägen stieg auch die Zahl der Starkregen-Ereignisse (100mm in 24 Std. und mehr als 350mm in 72 Std.) deutlich an. Gab es in den Dekaden der 60er/70er- Jahre jeweils nur ein Ereignis, so waren es in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends schon acht. Sie kommen nun auch vom Pazifik und nicht mehr nur vom Atlantik wie in den früheren Dekaden. Die ökonomischen Folgen sind gravierend, z.B. brachten innerhalb

von 24 Monaten die drei Stürme Ida, Agatha und der tropische Sturm 12E einen Verlust von 1,3 Milliarden $ USD, ca. 6% des BIP im Jahr 2011. Der tropische Sturm 12E im Oktober 2011 hat auch die Ausbreitung der Roya-Pilz-Seuche erheblich forciert und zu großen Ernteverlusten geführt. Allein bei der Ernte 2013/14 gab es laut PROCAFE einen Verlust von 117,8 Millionen $ USD .

In der Studie ´Coffee Under Pressure´ des CIAT (International Center for Tropical Agriculture) werden die Auswirkungen des Klimawandels auf Mittelamerika/Mexico bis zum Jahre 2050 beschrieben: Laut den Klimawandelmodellen bedeutet das in El Salvador einen Rückgang der durchschnittlichen Jahresregenmenge um ca. 36mm, einen langsamen, kontinuierlichen Temperaturanstieg um 1,1º Celsius bis 2020 und eine progressive Zunahme um 2,1º Celsius bis 2050 in den Kaffeeanbaugebieten.

Die optimale Anbauhöhe für Arabica-Kaffee wird dadurch nach oben verschoben: von derzeit 700-1700 Meter auf 1000-1700 Meter. Die Eignung für Arabica wird besonders im Bereich 700-1000 Meter zurückgehen und da die Anbauhöhe ja geographisch begrenzt ist wird der Arabica-Kaffeeanbau abnehmen. Alternativen zum Kaffee müssen sich die Anbauer insbesondere in den tieferen östlichen Regionen El Salvadors wie San Miguel und Usulutan suchen. CIAT schlägt hier vor, längerfristig u.a. auf Orangen, Avocado, Mango, Hirse und Bohnen auszuweichen. In Chalatenango, La Libertad und Ahuachapan werden geeignete Arabica-Anbauflächen bleiben, wenn sich die Kaffeepflanzer an die sich verändernden Verhältnisse anpassen und ihr Agro-Management umstellen.

In El Salvador haben insbesonders die Dürren in den Monaten Juli/August der letzten zwei Jahre zu erheblichen Problemen bei der betroffenen Landbevölkerung geführt. Es gab bei der Mais- und Bohnen-Ernte 2014 einen Rückgang von 50-70% in der ersten Ernteperiode. Hinzu kommen die Ernteverluste von bis zu 70% bei Kaffee, ausgelöst durch die Roya-Pilz-Seuche. Insbesondere die temporalen Kaffeeerntehelfer sind davon betroffen. Sie haben praktisch kein Einkommen mehr!

Foto: Roya-Pilz Befall

Das Welternährungsprogramm (WFP) hat im Dezember 2014 ein Nothilfe-Programm für etwa 37.000 betroffene Personen in El Salvador gestartet.

Die Zahl der in Ernährungsunsicherheit lebenden Personen wird mit 480.000 bezeichnet. Insgesamt sind in Mittelamerika ca. 2 Millionen Personen betroffen, wovon nun 500.000 für 3 Monate mit 20 Millionen $ USD unterstützt wurden. Auch die salvadorenische Institution Conasan und die NGO Oxfam Int. stellen Hilfsmittel gezielt für die betroffenen temporalen Kaffeeerntehelfer zur Verfügung.

Auch im Kaffeeanbaubereich gibt es spezielle Hilfsprogramme, die dringend benötigt werden.

Die Regierung hat am 6.2.2015 einen nationalen Kaffeepakt (Pacto Nacional De Caficultura) iniziiert: Das Agrarministerium MAG unterstützt die von der Roya-Seuche betroffenen Kaffeeanbauer mit 7 Millionen pilzresistenten Kaffeesetzlingen der Sorte Sarchimor und Catimor. Dies sind Kreuzungen der Arabica-Sorten Villa Sarchi und Caturra Rojo mit Hibrid de Timor, einer spontanen Kreuzung zw. Tipica Arabica und Robusta, die 1917 auf der Insel Timor entdeckt wurde.

Die Robusta-Kaffeesorten sind resistenter gegen den Roya-Pilz! Die resistente Sarchimor Sorte wird in El Salvador Cuscatleco genannt; die resistente Catimor Sorte Catisic. Die Gesamthilfe des MAG umfasst 8,6 Millionen $ USD für technische Assistenz und Fungizide. Einige der (ehem.)Bio-Kooperativen, wie z.B. Santa Adelaida, haben wieder angefangen mit nicht organischen Fungiziden zu spritzen und dadurch ihre Bio-Zertifizierung verloren. Zwar gibt es auch biologische Fungizide auf der Basis von Stab-Bazillen oder Mikroorganismen, aber wie erfolgreich sie gegen den Roya- Pilz sind, ist z.Zt. noch in der Erprobung. Einige Techniker meinen, sie seien nicht wirksamer als Caldo Bordelés, ein Kupfersulfat, welches im Bioanbau zugelassen ist.

Entscheidend für den zukünftigen Erfolg sind die Renovierungen der überalterten Cafetales mit Neuanpflanzungen, welche ausgesprochen kostenintensiv sind und gefördert werden müssen. 60% des Kaffeesektors sind betroffen, konkret ca. 130,000 Manzanas (1 Mz=0,7 Hektar) vom insgesamt ca. 218.000 Manzanas. Wenn man von einem Minimum von 4000.- $ USD Renovierungskosten pro Manzana ausgeht, währe das ein Investitionsbetrag von 520 Millionen $ USD, um die Zukunft des Kaffeeanbaus in El Salvador zu sichern. Die vom MAG zugesicherten Hilfen für 7 Millionen Kaffeesetzlinge kosten ca. 3,4 Millionen $ USD und reichen für 2800 Manzanas. Eine Zusage von weiteren 25 Millionen Kaffeesetzlingen gibt es von ALBA-Alimentos. Sie sollen über Kaffeeexporte nach Venezuela finanziert und verrechnet werden.

Der Investitionsbedarf ist also riesig und muss durch zusätzliche Kreditzusagen finanziert werden. Diese Kredite werden laut Aussagen von Präsident Salvador Sánchez Cerén von der Banco de Desarollo de El Salvador (BANDESAL) kommen. Spezielle Kreditlinien für Kaffeeanbau gibt es auch über die MAG assoziierten Banco Hipotecario und Banco de Fomento Agropecuario.

Weitere Kredite könnten von NGOs kommen, wie z.B. Roots Capital aus den USA. Sie finanzieren weltweit mit ca. 100 Millionen $ USD Renovierungsprojekte von Kaffeekooperativen, so z.B. mit 2 Millionen $ USD die Kooperative SOPPEXCCA in Nicaragua, die auch MITKA-Handelspartner ist. Auch die US-NGO Catholic Relief Services (CRS) unterstützt schon seit vielen Jahren nachhaltige Kaffeeprojekte und hat gerade ein Kakao-Anbauprojekt in El Salvador gestartet. Das 25 Millionen $ USD-Projekt wird vom MAG unterstützt und soll den von der Roya-Seuche betroffenen Kaffeebauern eine Alternative bieten und den Kaffee durch Kakao substituieren.

Foto: Sarchimor Kaffeesetzlinge

Adios Arabica? Ganz so schlimm wird es nicht kommen, aber die Aussichten besonders für die tiefer gelegenen Kaffeeanbaugebiete im Osten El Salvadors sehen kritisch aus und die Kaffeeanbauer müssen sich dort neue Strategien überlegen. Bei allen Anderen bedarf sehr großer Anstrengungen und Investitionen, um sich von der Roya-Krise zu erholen. Unser Hauptlieferant, die Bio-Kooperative Las Lajas muss auch Renovierungskredite von der Banco

Hipotecaria aufnehmen und hofft im Jahr 2024/25 die Krise bewältigt zu haben. Ihre Anbaukapazität reduzierte sich von früher ca. 25-30 Containern auf 5 bei der letzten Ernte 2014/15. An die MITKA und uns werden davon dieses Jahr 3 Container geschickt.

Wir, die Kaffeekampagne El Salvador, unterstützen mit unseren geringen Mitteln auch ein Projekt der Flüchtlingshilfe Mittelamerika: Beim Kooperativenverband REDAPRODARE in der Region von La Palma/Chalatenango wird ein biologisches Pflanzenschutzmittel entwickelt, das auch im Kaffeeanbau eingesetzt werden kann. Bereits jetzt wird ein hochwertiger Bio-Dünger produziert und unter der eigenen Marke BioAmigo vermarktet. Neben den ca.150 Kleinbauern-Familien von REDAPRODARE sollen die Pflanzenschutzmittel später die Landwirtschaft weiterer 2.000 Familien im Gebiet des Biosphären-Reservats Trifinio fördern. Die Stärkung der biologischen

Landwirtschaft hier bedeutet eine nachhaltige Verbesserung der Ökologie El Salvadors und trägt zugleich zur Gesundheit der Bevölkerung bei: Die Region ist Quellgebiet des Rio Lempa, des größten Flusses Mittelamerikas, der die Mehrheit der hiesigen Menschen mit Trinkwasser versorgt.